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Was Remote-Konzepte erfolgreich macht


„Also arbeiten Sie dann mit runden oder eher mit eckigen Post-its?“ Und selbstverständlich antwortest du souverän: „Na das kommt sehr darauf an – was nutzen Sie denn bereits im Unternehmen und was kennen die Mitarbeiter*innen schon?“. WAS?!
Zugegeben, vielleicht hinkt der Vergleich etwas, aber so in etwa läuft es, seitdem Corona den Großteil der Wissensarbeiter*innen in die Remote-Arbeit geschickt hat. Wie oft höre ich die Frage: „Mit welchen Tools machen Sie den Workshop? Teams, Zoom, Mural, Miro, Trello, Concept Board…?“ Und jedes Mal kommuniziere ich mein Credo: Das Tool kommt zum Schluss!

Beispiel Leadership-Programm

Nehmen wir das Beispiel Leadership-Programm. In letzter Zeit erhielten wir einige Anfragen dieser Art: „Unser Leadership-Programm lief bisher so: Alle drei Monate treffen sich 15 angehende Führungskräfte für drei Tage an einem unserer Standorte. Wir möchten während Corona eine Alternative anbieten. Drei Tage am Stück sind aber für einen Online-Workshop zu lang, oder? Dann lieber nur eineinhalb Tage. Was denken Sie?“ Wir beobachten eine eins-zu-eins Übertragung der Inhalte von Präsenz-Workshops in Online-Workshops, gewürzt mit schicken Tools, mit denen viele Berater*innen und Trainer*innen sich im ersten Schritt überfordern.

Aber was macht ein gutes Remote-Konzept aus? Wie lässt sich ein auf Präsenz-Zeiten basiertes Format in ein Online-Format überführen?

Der erste und wichtigste Schritt heißt: Mit der Planierraupe über das Präsenz-Konzept fahren und die Architektur neu denken. Es bedarf eines Re-Thinking-Prozesses: alte Ideen und Konzepte im ersten Schritt loslassen und mit einem weißen Blatt Papier beginnen. Die Ziele, auf denen das Präsenz-Konzept aufgebaut wurde, sind höchst wahrscheinlich die gleichen und sollten auch für das Remote-Konzept genutzt werden. Die Operationalisierung derselben Ziele führt jedoch für ein Remote-Konzept zu einem anderen Ergebnis.

Die Möglichkeit, den Prozess zeit- und ortsunabhängig zu gestalten, eröffnet eine flexiblere Art des gemeinsamen Lernens. Die Ära der entgrenzten Zusammenarbeit hat längst begonnen und schreit förmlich nach neuen Modellen. Die größte Herausforderung dabei ist und bleibt das menschliche Bedürfnis nach echter Verbindung – und dabei meine ich nicht das stabile W-LAN im Home Office.

Online-Formate haben andere Vorteile und benötigen andere Voraussetzungen als Präsenz-Formate.

Gut durchdachte Remote-Designs haben das enorme Potential, Gelerntes viel schneller im Arbeitsalltag zu verankern. Durch kürzere, regelmäßigere Treffen können Lerngruppen Inhalte häufiger in die eigenen Tätigkeiten einfließen lassen, haben mehr Möglichkeiten miteinander in den Austausch zu gehen und an den Herausforderungen ihrer Kolleg*innen zu partizipieren. Die intelligente Aufteilung von Input, Austausch, Reflexion und Übungen können einen echten Unterschied machen. So können Lerninhalte als Vorarbeit in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt werden (z.B. in Form von Videos), die unabhängig vom Workshop angeeignet werden. Die gemeinsame Zeit im Workshop kann somit ausschließlich für den Austausch und die Reflexion über Gelerntes genutzt werden. Übungen, Rollenspiele und Analysen stehen dabei im Vordergrund. Wenn die Zeit in Online-Workshop nicht mit Inhalten überfrachtet wird, besteht genügend Zeit für informelle Gespräche, die sonst an der Kaffeemaschine stattfinden. Auch diese sind für das Wissensmanagement eines Unternehmens enorm wichtig! Als „Hausaufgabe“ im Anschluss an den Workshop können Reflexionsaufträge dienlich sein, die sich auf konkrete Alltagssituationen fokussieren.

Was muss gegeben sein?

Wir erleben diese Art der Zusammenarbeit bei unseren Kunden als enorm kulturprägend. Als Prozessbegleiter sind wir viel engmaschiger in den Lernprozess eingebunden und sind näher an Mitarbeiter*innen und Führungskräfte herangerückt, obwohl die räumliche Distanz größer ist. Die Grenzen dieser beiden Systeme verschwimmen in Remote-Formaten mehr. Größere Verfügbarkeit und Präsenz der Berater*innen im laufenden Prozess und die leicht zugängliche Zusammenarbeit über digitale Schnittstellen führen zu einem ganzheitlichen Ökosystem-Ansatz und lassen ihn Wirklichkeit werden.

Dass diese Art der Zusammenarbeit um ein Vielfaches komplexer ist, als eine klassische Auftraggeber-Lieferanten-Beziehung liegt auf der Hand. Ausgeprägte Kommunikationsstärke, Regiekompetenz und Reflexionsfähigkeit sind sowohl beim Beratersystem als auch beim Kundensystem obligatorisch.

Was bedeutet das nun für runde und eckige Post-its, bzw. Teams, Trello und Co.?

Bevor wir diese Werkzeuge zu Hilfe nehmen, sollte die Architektur eines Remote-Konzeptes durchdacht und wirksam geplant werden. Essenziell wichtig dabei ist, dass das bereits bestehende Präsenz-Konzept nicht als Basis für die Remote-Alternative genutzt wird. Sei mutig und wische die alten Pläne vom Tisch – es ist an der Zeit, die Programme neu zu denken.

 

Der Artikel ist in Zusammenarbeit mit Irma Hollinga und Martina Müller-Krüger entstanden.

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